Carlo Von Tiedemann - Die Stimme Des Nordens - Sunflower Promotion

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1.05.2024

Carlo Von Tiedemann - Die Stimme Des Nordens


Geschichten, die das Leben für ihn schrieb, gäbe es viele. In diesem Artikel soll es daher um das Wesentliche gehen: Radio und Fernsehen. Ein Ziel hat sich Carlo (eigentlich: Carl Ferdinand) von Tiedemann (79) noch gesetzt: Er möchte am längsten von allen moderieren. Schließlich hat er gute Gene („Mein Vater ist 1979 mit 101 Jahren in meinen Armen gestorben!“). Von Tiedemanns Vater war preußischer Generalleutnant. Carlo wurde in Pommern geboren und fand in Schleswig-Holstein seine Heimat. – Nach einem gesundheitlichen Rückschlag sollte es am nächsten Wochenende gleich weiter gehen.

Von Tiedemann kam von der Zeitung zum Radio: Nach der Mittleren Reife absolvierte er eine Lehre zum Zeitungs- und Verlagskaufmann. Nach einem Volontariat bei der „Cuxhavener Allgemeinen Zeitung“, die sich damals gegen zwei weitere Zeitungen vor Ort behaupten musste, wechselte er zum „Hamburger Abendblatt“, seinerzeit integraler Bestandteil der Springer-Presse. Dort blieb er zunächst drei Jahre lang. Anschließend war er für zwei Jahre Korrespondent des Springer-Auslandsdiensts (SAD) in Buenos Aires und kehrte anschließend zurück zum „Hamburger Abendblatt“. 1971 sollte er eine Reportage über eine Krimi-Produktion des Studio Hamburg mit dem Schauspieler Götz George schreiben. Ihn faszinierte, wie die Leute mit Reden am Set Geld verdienten und dachte bei sich: „Das kann ich auch!“. Von Tiedemann blieb noch drei Monate lang und kündigte, als es ihm gelang, eine Anstellung beim NDR zu bekommen.

Journalisten waren zu dieser Zeit besonders gefragt, da im gesamten ARD- Hörfunk die „Magazinitis“ um sich griff. Ausgehend vom RIAS, dem SR und dem WDR strahlte der NDR sein Nachrichtenmagazin „Kurier am Mittag“ seit Ende Januar 1967 auf NDR 2 aus. Dieses begann zunächst um 13 Uhr und wurde später um eine Stunde vorgezogen. Das Radio sollte in puncto Information als schnellstes Medium seine Stärken ausspielen und dem immer bedeutender werdenden Fernsehen Paroli bieten. Von 17-18 Uhr lief dann auf NDR 2 als Informationssendung noch die „Umschau am Abend“. 

In beiden Sendungen war von Tiedemann als Außenreporter eingesetzt. Er erinnert sich mit einem Schmunzeln an einen seiner ersten Einsätze im „Kurier am Mittag“ im Jahr 1971 zurück: „Ich habe damals über einen Vergewaltiger in Hamburg berichtet und anstatt ,vergewaltigte´ ,vergewaltätigte´ gesagt. Hermann Rockmann, der Moderator im Studio, nahm mich in Schutz und teilte den Hörern mit: Das war ein Bericht unseren jungen Berichterstatters Carl Ferdinand von Tiedemann.“ Er berichtete auch als Außenreporter vom Rekordwinter im gleichem Jahr mit viel Eis und Schnee im Norden und behielt auch eine unschöne Begebenheit in Erinnerung: „Wir wurden damals auch beschimpft und angespuckt. Jetzt käme auch noch der Ãœ-Wagen vom NDR, hieß es.“ Auch verlas von Tiedemann regelmäßig Verkehrsnachrichten aus dem 1970 eingerichteten NDR-Verkehrsstudio: „Wir hatten auch zwei Flugzeuge in der Luft. Ich blieb aber immer am Boden, da ich Flugangst hatte“, fügt von Tiedemann hinzu.        

Im Jahr 1973 wurde von Tiedemann angefragt , ob er bei NDR 2 nicht Unterhaltung machen wollte. Somit nahm seine eigentliche Karriere als Aushängeschild der NDR- Unterhaltung und, wie man im Norden sagt , heiterer „Schnacker“ seinen Lauf.  Aus „Carl Ferdinand“ wurde fortan am Mikrofon „Carlo“. Dabei waren als Moderatoren neben Carlo von Tiedemann unter anderem Uwe Bahn, der Erfinder der „BuLi (Fußball-Bundesliga)-Show“, Günter Fink, Wolf-Dieter Stubel, Gert Timmermann, die „Tagesschau“-Sprecher Wilhelm Wieben, Werner Veigl und Dagmar Berghoff sowie anfangs der Satiriker Henning Venske. „Der lockere Ton kam mit Henning Venske.“, erinnert sich von Tiedemann. Dieser moderierte im NDR den „5 Uhr-Club“ und „Rotlicht-Programm für Kinder“. Er gilt als Deutschlands „meistgefeuerter Satiriker“. Den NDR musste er – wie später andere ARD-Anstalten auch – verlassen, weil er eine NDR-Sendung von Wolfgang Ebensberger mit allen „Ahs“ und „Ohs“ im Satiremagazin „Pardon“  abgedruckt hatte. Daraufhin wurde er vom Intendanten gefeuert.

Besonders in den 70er Jahren herrschte bei NDR 2 die bunte Unterhaltung, das Verrückte und Grenzenlose vor. Von Tiedemann gehörte zu den Gründungsmitgliedern und prägenden Köpfen des Programms. Er moderierte am Vormittag „ NDR 2 von neun bis halb eins“, ein Infotainment-Magazin mit unterhaltender Information und Musik, am späten Nachmittag „Espresso“ und abends kam mit ihm „Traumhaft-sweet, soft und lazy“ (22-0 Uhr), der Abendausklang mit leichter Popmusik. Kult wurde diese Sendung, als von Tiedemann die Melodie von „Charmaine“ mit Taubengurren des imaginären Täuberichs Hubertus, der die Botschaft der Liebe bringt, unterlegte. Intern verteidigte ihn daraufhin Programmdirektor Gernot Romann mit den Worten: „Dieser Mann ist nicht von Sinnen, sondern die Nr.1!“.

Von Tiedemann moderierte auch von ihm selbst (mit-) erfundene Sendungen wie die „Plattenkiste“ (werktags von 13 -14 Uhr) und „Carlos Jokie-Show“ (dienstags von 20-22 Uhr). In „Carlos Jokie-Show“ empfing von Tiedemann Livegäste zur Abendstunde und man erzählte sich einander im lockeren Ton Witze und trieb Schabernack. Das von Tiedemann entwickelte Sendekonzept der „Plattenkiste“ sah vor, dass drei Leute aus einem Betrieb oder einer Institution eine Sendestunde bei NDR 2 mit ihren Musikwünschen, die ins Programm passen mussten, gestalten konnten. Jeder von ihnen kam zu Wort und konnte auch grüßen. Wie nimmt man Laien das Lampenfieber vor ihrem Auftritt in der Sendung bei Rotlicht? „Das ging schon. Sie waren schon eine Stunde eher da. Da haben wir ihnen die Aufregung genommen.“, beschwichtigt von Tiedemann.

Mitte der 70er Jahre sendete NDR 2 nicht nur Unterhaltung. 1976 steuerte von Tiedemann ein Feature zur Weihnachtszeit in St. Pauli bei: „Weihnachten ohne Lichterglanz-Reportage zwischen Millerntor und Großer Freiheit“. Es ging um Bettler aus der Berberkaste, Obdachlose, die dort auf der Straße lebten, und Prostituierte: „Es waren Schicksale dabei, die so unglaublich sind. Eine Reportage über die Schattenseiten der Gesellschaft.“, erinnert sich von Tiedemann lebhaft. Er wirkte weiterhin in NDR-Hörspielen mit und wurde von anderen ARD-Anstalten wie WDR, SDR, hr und BR angefragt bezüglich Themen rund um Hamburg. Auch war er bisweilen Reporter im traditionsreichen „NDR-Hafenkonzert“. Er moderierte eine kurze Zeit parallel bei Hansawelle Bremen. 

1976 zeigte das NDR-Fernsehen Interesse an von Tiedemann, der sich dem nicht entziehen wollte. So kam es zur Moderation der „Aktuellen Schaubude“ im NDR-Vorabendprogramm und später im NDR-Fernsehen, die zwei Jahre – 1981/82 – auch bundesweit zu sehen war. Diese moderierte er insgesamt rund 20 Jahre von 1976-1984, von 1987 bis 1988 und von 1997-2004. An seiner Seite gesellten sich als Co-Moderatorinnen Alida Gundlach, Helga Guitton, Victoria Voncampe, Isabel Varell, Sabine Steuernagel, Birgit Müller, Julia Westlake und Madeleine Wehle.

Mitte der 70er Jahre forderte die katholische Kirche erfolgreich die Absetzung von Alida Gundlach, da sie als verheiratete Frau ein offensichtliches Verhältnis zu einem Sänger von „Les Humphries“ hatte. Sie kehrte später wieder auf den Bildschirm zurück. Nachfolgerin Helga Guitton, im Hauptberuf bekanntlich Moderatorin von Radio Luxemburg, hörte aus Rücksicht auf ihren damals kleinen Sohn, der sie zuhause vermisste, nach anderthalb Jahren wieder auf. „Die Sendung bestand aus Smalltalk, einem Ãœberraschungsgast, Comedy und Musik. Es war eine reine Unterhaltungssendung.“, erklärt von Tiedemann. Als musikalische Gäste traten unter anderem Neil Diamond, Stevie Wonder, Mick Jagger, Paul Anka, Udo Jürgens, Abba mit „Waterloo“, Rex Gildo und Gitte Hänning darin auf. Im Norden entwickelte sich die Sendung zu einem regelrechten Umschlagplatz für Musik: „Am Sonnabend (Samstag) war Sendung und am Montag stürmten die Leute in die Plattenläden. Wir hatten einen Verkaufswert.“, macht von Tiedemann deutlich.

Mitte der 80er Jahre ging von Tiedemann zum ZDF und moderierte dort „Show & Co. mit Carlo“ (1984-1986). Programmdirektor Hörfunk Olaf von Wrangel und Intendant Friedrich Wilhelm Räuker zeigten sich „not amused“ und sperrten von Tiedemann für das Fremdgehen zum ZDF für Sendungen auf NDR 2. Er durfte sofort zum NDR zurück als die Sendung im ZDF nach anderthalb Jahren eingestellt wurde. Auch hinter den Kulissen dieser Unterhaltungssendung brodelte es am Schluss, da der Moderator keinen Einfluss auf den Ablauf der Sendung mehr haben sollte. Das ZDF wollte ihn in ein Korsett zwingen. 

Folgende Ansprache hielt der damals neue Unterhaltungschef Wolfgang Penk, der Peter Gerlach ablöste und mit dem von Tiedemann nicht klar gekommen ist, in der Maske vor der 11. und letzten Sendung in der Friedrich-Ebert-Halle in Ludwigshafen im Oktober 1986: „Ihr seid doch nur Marionetten auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten. In welche Richtung Ihr Euch bewegt, bestimmen wir!“ – Von Tiedemanns Reaktion sah wie folgt aus: „Ich habe die Sendung zu Ende gemacht, Peter Bartels, den damaligen Chefredakteur der ,Bild´-Zeitung, angerufen und gekündigt.“ ZDF-Intendant Dieter Stolte wünschte von Tiedemann noch alles Gute für den weiteren Lebensweg und NDR-Intendant Räuker holte von Tiedemann zu NDR 2 zurück, die „Bild“ hatte ihre exklusive Schlagzeile: „Carlo schmeißt hin!“

Der NDR, der es mit von Tiedemann wegen seiner zeitweiligen Alkohol- und Drogensucht nicht immer leicht hatte, hielt stets zu ihm wie seine Hörer und Zuschauer mit zahlreichen Anrufen und Briefen. – Was macht von Tiedemann eigentlich lieber, Fernsehen oder Radio? Hier überlegt er nicht lange: „Radio mache ich lieber. Beim Radio hast Du totale Freiheiten. Wir Moderatoren haben natürlich auch unsere Grenzen. Es ist aber die leichtere Arbeit.“ Beim Fernsehen stünden zu viele Leute um einen herum: Maske, Ton, Regie, Kamera und Redakteure. Alle redeten auf einen ein. Im Endeffekt sei der Redakteur der Wasserträger, der den Moderator versorgt. In der Sendung stünde der Moderator dann alleine da. 

Was seine Interviews angeht, habe er eine spezielle Fragetechnik: „Darauf hat mich Vicco von Bülow (,Loriot´) in der ,Aktuellen  Schaubude´ gebracht. Er sagte: Stellen Sie mir eine Frage und achten Sie genau auf meine Antwort. Sie haben auf diese Weise sechs, sieben neue Fragen. Das habe ich bis heute beherzigt.“ – Wer von Tiedemann unter anderem in „Großstadtrevier“ (ARD), „Stubbe-von Fall zu Fall“ (ZDF)  oder „Adelheid und ihre Mörder“ (ARD) meint, gesehen zu haben, braucht keine neue Brille. Auch war er die Stimme des Narrators (Erzählers) im Zeichentrickfilm „Werner-das muss kesseln!!!“(1996). Als schönste Fernsehsendung im NDR, an der er mitwirkte, bezeichnet von Tiedemann übrigens die „Große Hafenrundfahrt“, die ihn Mitte der 90er Jahre nach Hongkong und Shanghai (China) führte

Zurück zum Radio: Ab 1986 forderten die Privaten die Drei-Länder-Anstalt NDR, den einstigen Monopolisten, heraus, allen voran „Radio Schleswig-Holstein“ (RSH). RSH schaltete Anzeigen in regionalen Tageszeitungen: „NDR, Du musst jetzt ganz tapfer sein!“, in Anspielung auf erste Ergebnisse des Dualismus im Norden, der sich in den Zahlen der Media-Analyse (MA) niederschlug. „Wir hatten mindestens die Hälfte unserer Hörer verloren“, stellt von Tiedemann fest. Was war der Grund dafür? Die Privaten wie RSH traten in der Moderation genauso entgrenzt auf und spielten auf sympathische Weise genauso verrückt wie NDR 2 in der ersten Hälfte der 70er Jahre. Offensichtlich hatte man versäumt, das Verrückte und Grenzenlose in ein Sendekonzept zu gießen, aus dem ein unverwechselbares Kult-Programm hätte entstehen können wie z.B. bei SWF 3. Von Tiedemann nennt noch einen weiteren wichtigen Grund : „Wir hätten mehr Musik spielen sollen. Es fehlten bei uns fröhliche Moderatoren, unser Programm war zu aufgesplittet. Bei den Privaten hingegen lief von morgens bis abends Musik und ein – für uns verwerfliches – Quiz. Beim NDR wurde hingegen zu viel geredet.“

Fehler und Unzulänglichkeiten kann man wieder glattbügeln, auch im Radio. Somit konnte der NDR wenig originell 10 Jahre später folgende Anzeige schalten: „Liebes R.SH, Du musst jetzt sehr tapfer sein!“. In der Media-Analyse (MA) konnte der Hörerzahlen-Spieß nämlich umgedreht werden. Von Tiedemann wechselte 1997 von NDR 2, das im Programm jünger werden wollte, zu NDR 90,3, dem „NDR 1 für Hamburg“. Intendant Jobst Plog setzte sich gegen internen Widerstand dafür ein, dass von Tiedemann die alten Sendezeiten behält. NDR 90,3 spielte neben Oldies bis 2015 auch Schlager. Während von Tiedemann die Schlager im Programm etwas vermisst, trifft das offenbar nicht auf die Hörer zu. Die Hörerzahlen blieben gleich: Mit 400.000-600.000 Hörer/Stunde ist NDR 90,3 die Nr.2 in der Hansestadt hinter dem Privatsender Radio Hamburg.

Von Tiedemann möchte sich für noch mehr Musik in seinen Sendungen einsetzen. Das sei im Radio das Wichtigste. Er als Moderator müsse immer authentisch bleiben, dürfe keine Rolle spielen und sich nicht verstellen. Auf keinen Fall dürfe man andere kopieren. Andererseits gibt es natürlich die Erwartungshaltung der Hörer, die in von Tiedemann einen heiteren und unterhaltenden Moderator sehen, der dem auch gerecht werden will.     

Quelle: Rebeat - Music Enterprise Services
Label: © Chance Music

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